Immer das gleiche? – Der Marktzyklus
In diesem Artikel gehe ich der Frage auf den Grund, wie Investoren das Modell des Marktzyklus für Ihre Investitionsentscheidungen anwenden können. Im Zuge dessen wird der vier periodische Marktzyklus erklärt, die Merkmale der jeweiligen Periode aufgezeigt und die Handlungen des strategischen Investors beschrieben.
Inhalzsverzeichnis
Zyklen immer und überall?
Zyklen stellen einen Kreislauf als regelmäßige und in gleicher Reihenfolge wiederkehrender Ereignisse dar. Zyklen lassen sich in den unterschiedlichsten Bereichen und Zeitdimensionen beobachten.
Ein Zyklus den jeder kennt und auch schon unzählige Male durchlaufen ist, ist der menschliche Schlaf-Wach-Zyklus. Zyklen sind aber auch im Kleinen, beispielsweise der Zellzyklus, sowie im Großen, wie dem kosmischen Materiekreislauf, zu erkennen.
Zyklen sind ebenfalls ein prominenter Erklärungsversuch für mikro- und makroökonomische Muster, siehe den Produktlebenszyklus oder den Konjunkturzyklus.

Während der Konjunkturzyklus die natürlichen Auf- und Abschwünge in der Wirtschaftsleistung eines Landes im Laufe der Zeit widerspiegelt, erfassen Marktzyklen die beobachtbaren Trends in einzelnen Märkten, wie dem Finanzmarkt. Obwohl Konjunkturzyklen und Marktzyklen oft miteinander in Zusammenhang stehen, verlaufen die Bewegungen nicht immer synchron. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Aktienmärkte die zukünftigen Erwartungen widerspiegeln, während die Konjunktur den aktuellen bzw. vergangenen Zustand der Wirtschaftsleistung erfasst. Des Weiteren können einzelne Finanzmärkte, beispielsweise der Aktienmarkt im Vergleich zum Anleihenmarkt, in der gleichen Zeitperiode asynchrone Zyklen durchlaufen.
Meinen Beobachtungen zufolge ist auch der Kryptomarkt zyklischen Marktphasen ausgesetzt. Der Schlüssel zum erfolgreichen Investieren ist es, die Zyklen der Märkte zu erkennen und dementsprechend zu handeln.
Der Marktzyklus
Als Marktzyklus werden bestimmte Muster bzw. Trends zwischen den Höchst- und Tiefständen von Vermögenswerten bezeichnet, die sich im Laufe der Zeit bilden und wiederholen, auch wenn die Vermögenswerte auf lange Sicht generell stetig steigen.
Von Bullen und Bären - das Zwei-Phasen-Modell
Ein Marktzyklus kann in zwei Perioden, den Aufschwung und den Rückgang, unterteilt werden.
In der Phase des Aufschwungs steigen im Allgemeinen die Kurse und die positive Stimmung der Anleger. Dieses Intervall wird oft auch als Bullenmarkt bezeichnet. Die Namensgebung ist auf die Angriffsbewegung des Bullen zurückzuführen, der dabei mit den Hörnern in einer Aufwärtsbewegung vorstößt. Altbörsianer bezeichnen diese Phase auch als Hausse.
Als Gegenbewegung zur Hausse steht die Baisse, die eine Periode mit fallenden Kursen und dementsprechend negativer Stimmung bei Anlegern definiert. Diese Phase des Marktzyklus wird als Bärenmarkt bezeichnet. Auch hier ist die Namensgebung auf die nach unten schlagende Tatzenbewegung des Bären beim Angriff zurückzuführen.
Hausse und Baisse, also Bullen- und Bärenmarkt müssen definitionsgemäß immer aufeinander folgen, da ansonsten nicht von einem Zyklus gesprochen werden kann. Schaffen es Investoren, die Phasen des Bullen- und Bärenmarkts richtig zu identifizieren, so können sie ihre Anlagestrategien den einzelnen Zyklen anpassen und bestenfalls kontinuierlich Gewinne erzielen.

Um die aktuelle Lage an den Märkten besser beurteilen zu können, ist es jedoch hilfreich die Phasen des Aufschwungs und des Rückgangs nochmals zu unterteilen.
Das Vier-Phasen-Modell des Marktzyklus
Ein Marktzyklus kann in zwei Perioden, den Aufschwung und den Rückgang, unterteilt werden. Das Vier-Phasen-Modell des Marktzyklus setzt dem Aufschwung (Mark-Up) die Akkumulationsphase und dem Rückgang (Mark-Down) die Distributionsphase bevor. Dadurch können Marktphasen mit Seitwärtstrends erklärt werden, die bei der Unterteilung des Marktes in zwei Phasen vernachlässigt werden würden. Seitwärtstrends sind Intervalle, in denen die Kurse nur wenig nach oben und unten ausschlagen und sich deshalb als eine seitwärts verlaufende Linie abzeichnen.

Phase 1: Akkumulation
Die Akkumulationsphase wird meist als der Beginn eines neuen Zyklus gesehen. Ihr vorausgegangen ist die Phase des Mark-Down, in welcher der Vermögenswert (Asset) stark abverkauft wurde. Aus diesem Grund befinden sich die Preise auf einem historischen Tiefstand.
Die Stimmung am Markt lässt sich als niedergeschlagen charakterisieren, die Investoren, die es nicht geschafft haben rechtzeitig abzuverkaufen, mussten hohe Kursverluste hinnehmen. In dieser Phase folgt oftmals eine schlechte Nachricht auf die andere und im Extremfall wird bereits das Ende des Vermögenswerts prophezeit. Das ist nicht verwunderlich, denn das allgemeine Interesse am Vermögenswert ist in dieser Phase sehr gering, was sich durch niedrige Umsätze (Volumen) ausdrückt.
Die Investoren warten auf den Wechsel des Marktsentiment, um wieder einzukaufen.
Die Akkumulationsphase ist für strategische Investoren der perfekte Zeitpunkt um einzusteigen, denn die Bewertungen des Vermögenswerts sind im historischen Kontext niedrig. Hat ein Investor fundamental solide Vermögenswerte identifiziert, so kann ein jetziger Einstieg ein vorteilhaftes Risiko-zu-Rendite-Verhältnis bedeuten. Dieser Investoreneinstieg sorgt ab einem gewissen Punkt dafür, dass die Preise nicht mehr tiefer fallen und sich ein Seitwärtstrend mit langsam steigenden Preisen bei moderatem Umsatz abzeichnet.
Hier die wichtigsten Merkmale dieser Phase im Überblick:
Die Akkumulation | |
Kurse | Am Tiefpunkt, langsam steigend, Seitwärtstrend |
Umsätze | Gering |
Stimmung | Niedergeschlagen |
Allgemeines Interesse | Gering |
Phase 2: Mark-Up
Die Preise, sowie die Umsätze des gehandelten Vermögenswerts steigen kontinuierlich an und leiten das Ende der Akkumulationsphase ein. Zu diesem Zeitpunkt wittern immer mehr Marktteilnehmer, dass die Kurse in der vorherigen Periode ihren Tiefpunkt erreicht hatten. Die Stimmung an den Märkten schlägt allmählich um, da immer mehr Investoren eine signifikante Aufwärtsbewegung erwarten.
Eine positive Rückkopplungs-Spirale setzt sich in Gange: Je mehr Investoren den Trend erkennen und einsteigen, desto schneller steigen die Kurse. Die steigenden Kurse im Umkehrschluss bewegen immer mehr neue Investoren dazu einzusteigen. Die Angst Rendite zu verpassen macht sich unter den Anlegern breit und vor allem unerfahrene Investoren stürzen sich in kürzester Zeit in großen Mengen auf den Vermögenswert. Im Zuge dessen gerät der Vermögenswert auch immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Medien, die in der vorangegangenen Phase noch das Ende des Vermögenswerts prophezeit haben, lobpreisen diesen nun als höchst zukunftsträchtig.
Die Kurse steigen in der Phase des Mark-Up teilweise sprunghaft an. Die Umsätze steigen auf ein hohes Niveau. Je stärker die Rückkopplungs-Spirale, desto länger dauert die Mark-Up-Phase an.
Der strategische Investor kann sich in dieser Phase über Kursgewinne freuen und sollte damit anfangen, seine Positionen zu schließen. Die Schwierigkeit liegt hierbei jedoch im Kampf mit den eigenen Emotionen. Denn wer verkauft einen Vermögenswert, der sich gerade im Aufschwung befindet?
Hier die wichtigsten Merkmale dieser Phase zusammengefasst:
Mark-Up | |
Kurse | Kontinuierlich, teilweise sprunghaft steigend |
Umsätze | Steigend, auf einem hohen Niveau |
Stimmung | Überschwänglich |
Allgemeines Interesse | Groß, der Vermögenswert ist in aller Munde |
Phase 3: Distribution
In der dritten Phase des Marktzyklus erreichen die Kurse der Vermögenswerte ihren Höchststand. In dieser teilweise sehr kurzen und unter Umständen hochvolatilen Periode steigen die Umsätze nicht weiter an. Die Kurse halten sich auf einem hohen Level oder schwingen stark in beide Richtungen, jedoch ohne neue Höchstwerte zu erreichen. Dies beruht darauf, dass ab einem gewissen Punkt fast jeder willige Investor in den Vermögenswert eingestiegen ist. Die Nachfrage geht daher langsam zurück und das Angebot steigt, da strategische Investoren die Spitze des Marktes vorhersagen und ihre Engagements verkaufen.
Das Sentiment an den Märkten ist überwiegend positiv, jedoch reagiert der Markt auf neue gute Nachrichten nur noch mit minimalen Bewegungen. Die Erwartungshaltung der Investoren, besonders der kürzlich Eingestiegenen ist teilweise abstrus und irrational. Die Medienberichterstattung über den Vermögenswert nimmt langsam ab.
Der strategische Investor muss diese Marktphase unbedingt erkennen, um seine Positionen noch vor dem baldigen Rückgang (Mark-Down) schließen zu können. Auch die Eröffnung von Short-Positionen kann in dieser Phase hohe Renditen bringen, ist jedoch noch mit einem erhöhten Risiko verbunden.
Die Distributionsphase ist somit die wichtigste, aber gleichzeitig auch am schwierigsten zu identifizierende Phase des Marktzyklus, aufgrund der allgemein positiven Stimmung und Erwartungshaltungen der Marktteilnehmer.
Hier die wichtigsten Merkmale dieser Phase im Überblick:
Distribution | |
Kurse | Erreichen keine Höchststände mehr, unter Umständen hoch volatil |
Umsätze | Auf einem hohen Niveau, fallend |
Stimmung | Größtenteils positiv |
Allgemeines Interesse | Erreicht den Zenit, mittlerweile hat fast jeder eine Meinung oder Exposure zum Vermögenswert |
Phase 4: Mark-Down
Nachdem in der Distributionsphase keine neuen Höchststände mehr erreicht werden konnten und die Verkäufe zunehmen, fällt zuerst langsam und dann immer schneller der Preis des Vermögenswerts. Die Umsätze nehmen zu. Das Sentiment verschlechtert sich und der Markt steht kurz vor einer Panikspirale. Die letzten der strategischen Investoren haben mittlerweile ihre Positionen geschlossen.
Eine negative Rückkopplungsspirale setzt sich allmählich in Gange: Umso mehr Investoren verkaufen, desto schneller und stärker fallen die Kurse. Je tiefer die Kurse fallen, desto mehr Investoren werden dazu bewegt ihre Positionen zu schließen. Die Medienberichterstattung ist mittlerweile stark negativ geprägt.
Der strategische Investor hat die Phase des Mark-Down erkannt und ist entweder neutral oder short positioniert. Falls letzteres noch nicht geschehen ist, birgt diese Marktphase eine vertretbares Risiko-zu-Rendite Verhältnis für Leerverkäufe von überbewerteten oder fundamental wackeligen Vermögenswerten.
Die wichtigsten Merkmale der Mark-Down-Phase:
Mark-Down | |
Kurse | Kontinuierlich, teilweise sprunghaft fallend |
Umsätze | Steigend |
Stimmung | Negativ |
Allgemeines Interesse | Nimmt stark ab |
Hört sich einfach an, ist es aber nicht!
Die Marktzyklen zu erkennen und danach zu handeln, ist für den strategischen Langzeitinvestor der Schlüssel zu überdurchschnittlichen Renditen. Leider ist dies nicht leicht, da die Identifizierung der Marktphasen oftmals nur in Retrospektive eindeutig ist. Zudem ist anzumerken, dass in der Praxis nicht alle Merkmale und Abläufe der Marktphasen exakt wie in der Theorie auftreten werden.
Die Marktphasen und die Handlungen des strategische Investors zusammengefasst:
Akkumulation, das Sentiment ist am Tiefpunkt, die Kurse bewegen sich seitwärts. Der strategische Investor deckt sich mit fundamental soliden Vermögenswerten ein. Mark-Up, die Kurse schießen in die Höhe, die Stimmung ist überschwänglich. Der strategische Investor löst langsam seine Engagements auf. Distribution, die Kurse erreichen keine neuen Hochstände mehr, gehen seitlich oder sind hochvolatil. Der strategische Investor verkauft seine restlichen Positionen und/oder startet Leerverkäufe. Mark-Down, die Kurse fallen rapide und Panik macht sich unter den Anlegern breit. Der strategische Investor wartet ab und/oder öffnet Short-Positionen.
Wie sich der Marktzyklus in der Praxis an den Krypto-Märkten dargestellt, erfahren sie im nächsten Artikel: Es ist immer das gleiche! – Die Zyklen des Krypto-Markts.